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Don Farrago: Medizinisches Phänomen: Das Steinkind (mit Video)

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Medizinisches Phänomen: Das Steinkind (mit Video)

In der Medizingeschichte sind seit 1582 erst ca. 300 Fälle von Steinkindern beim Menschen dokumentiert. Ein Steinkind (Lithopädion) kann sich entwickeln, wenn sich bei einer Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaft oder nach einem Gebärmutterriss ein befruchtetes Ei oder der Fötus außerhalb der Gebärmutter in der Bauchhöhle einnistet.

In der Regel stirbt der extrauterine Foetus aber aus Mangel an Nährstoffen in kurzer Zeit ab und wird rasch resorbiert. Geschieht dies nicht, kapselt sich die tote Frucht durch Aufnahme von Kalk entweder wie ein Kokon ab oder der Foetus lagert überall Kalk ein, wird steinhart und mumifiziert. Zwar haben die Frauen zunächst Beschwerden, diese bessern sich aber oft spontan und so gibt es beschriebene Fälle von Steinkindern, die tatsächlich jahrzehntelang unbemerkt im Körper schlummern und erst durch Zufall oder gar erst bei der Obduktion entdeckt werden (Quelle: Ärztewoche).

Graphik eines Steinkindes in seinem Gehäuse: Das berühmte Steinkind von Leinzell aus dem Jahre 1720 (Quelle: Universität Tübingen)

Ein besonders spektakulärer Fall ging im März 2006 durch die Medien, als in Marokko der 75-jährigen Zahra Aboutalib nach einer Schwangerschaft von 46 (!) Jahren in einer vierstündigen Operation ein drei Kilogramm schweres und 42 cm großes Steinkind entfernt wurde.

Die Frau berichtete, sie sei 46 Jahre zuvor nach zweitägigen schmerzhaften Wehen in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wo man ihr eröffnete, dass man einen Kaiserschnitt durchführen müsse. Als sie dort mitbekam, wie eine Frau bei der Geburt ihres Kindes starb, verließ sie fluchtartig das Krankenhaus, um ihr Kind zu Hause zur Welt zu bringen. Nach ein paar Tagen ließen die Schmerzen nach, und das Kind hörte auf, sich zu bewegen.

Zarah dachte, das Kind schlafe nur, verbannte von diesem Moment an die Schwangerschaft aus ihrem Gedächtnis und adoptierte drei Kinder. Erst im Alter von 75 Jahren verspürte sie erneut Schmerzen und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo die Ärzte zunächst eine Art Tumor vermuteten. Erst nach ausgiebigen Röntgenuntersuchungen und einer Magnet-Resonanztomographie (MTR) wurde festgestellt, dass es sich um einen verkalkten Körper, nämlich dass 46 Jahre zuvor "vergessene" Baby handelte.

Zarah hatte eine Extrauterinschwangeschaft gehabt, bei der sich das Ei im Eileiter eingenistet hatte. Der Fötus entwickelte sich, platzte aus dem Eileiter heraus, wuchs in der Bauchhöhle weiter und bezog dabei über die Plazenta Nährstoffe aus umliegenden Organen. Als die Nährstoffzufuhr nicht mehr ausreichte, starb der Embryo ab und "versteinerte".

Die erforderliche Operation wurde per Video dokumentiert und bereits im März 2006 vom britischen TV-Sender Channel 5 gezeigt. Jetzt ist im Internet ein Ausschnitt dieser Dokumentation aufgetaucht - absolut faszinierend!

Solche Fälle kommen in der Tierwelt zwar häufiger, beim Menschen jedoch sehr selten vor, hauptsächlich in Regionen mit medizinischer Unterversorgung und mangelnder Vorsorgemedizin oder dort, wo besondere eth(n)ische, religiöse oder kulturelle Traditionen oder Gegebenheiten vorliegen.


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